Alles Giersch oder was?!

Der Lauterbacher Strolch und die Schlitzerländer Kräuterhexe / Der beste Salat wächst vor der Haustür / Lecker Giersch – tödlicher Schierling / Ohne Ellen Langstein Wildkräuterkunde russisches

LAUTERBACH. „Nein,  meine Kinder heißen nicht Hänsel und Gretel! Auch wohne ich nicht in einem Knusperhaus“, streitet Ellen Langstein die Behaup-tung lachend ab. Dass man sie als Kräuterhexe bezeichnet, das ist sie gewohnt und bringt sie nicht aus der Ruhe. Die Hebamme und Heilpraktikern betreibt in Schlitz ihre Praxis für ganzheitliche Kinder- und Frauenheilkunde. Ihre Zusatzausbildungen sind ellenlang. Eine davon: Phytotherapeutin (Kräuter-heilkunde). Es gab Zeiten, da endete dieses Wissen auf dem Scheiterhaufen. Feuer und Flamme ist Ellen Langstein für ihre Berufung, aber zu ihrem Glück werden Scheiterhaufen nur noch ohne Hexen verbrannt. Und um Ellen Langstein wäre es richtig schade. Sie verzaubert ihre Zuhörer und Kräuter Schüler schnell mit einer positiven Energie, dass einem schwindelig wird. Humor und Wissen ver-schmelzen zu Spaß und Lebensfreude, denn Ellen lebt im Hier und Jetzt. Das macht die Dinge un-kompliziert.

 

„Auch in unserer Gegend ist gegen alles ein Kraut gewachsen“, erklärt die Dozentin, die an der Heil-

praktikerschule in Fulda ihr Wissen weiter gibt. Doch Vorsicht! Kräutersammeln kann zum Abenteuer werden und Kräuterverzehren zum russischen Roulett, wenn man nur mit Halbweisheiten und einem Buch bewaffnet auf Nahrungsergänzungssuche geht. Mit den Kräutern verhält es sich wie mit den Pilzen. Es gibt Gute und Böse. Ellen Langstein kennt sie alle, Pilze wie Kräuter. Der Giersch ist eine gesunde Pflanze und wurde von ihr als Hauptdarsteller für die „Giersch-Quiche“ ausgewählt. Der Schierling sieht dem Giersch zum verwechseln ähnlich. Mit dem Unterschied, dass der Genuss mit dem Tod endet. Ute Kirst kennt als „Mutter des Strolchs“ keine Furcht, sie sieht dem Tode mutig ins Auge und beißt als erste in ihre appetitlich duftende Quiche. Das Vertrauen in Ellen Langstein ist bei allen groß. So folgt der Rest der Gäste todesmutig. Aber war da nicht doch der trockene Mund oder gar die pelzige Zunge zu spüren? Die ersten Anzeichen einer Vergiftung? Laut ertönt der Hoffnungsschrei: „Alles Giersch oder was?!“

Wer Apettit auf gute Kräutlein hat, der kann sich über Mythen und Sagen der Pflanzen mit Heilwirkungen und dessen Einsatz in der Küche bei Ellen Langstein 

schlau machen. Erst dann öffnet sich der Kräuter- und Geschmackshimmel mit alldem, was er zu bieten hat. Weitere Informationen: www.praxis-langstein.de

 

Der Weg zur guten Köchin und Kräuterhexe ist weit. Nicht immer gelingt ein Experiment gleich. Zum Beispiel bei der Herstellung von Brennnessel-Prosecco in alten Bierflaschen mit Polppverschluss explodierten die meisten Flaschen in der Kiste. Teilweise ergoss sich der flaschengärende Wein beim Öffnen fontänenartig in den Raum. In ihrer Studentenzeit hat sie das Kochen gelernt. Erstes Gericht: Spaghetti mit Ketchup. War der letztere zu alt und bereits am Gären, flog dieser auch schon mal in die Luft, überzog die halbe Küche mit roten Flecken und änderte Ellens Ausgehpläne schlagartig. Das ist lange her.

 

Am Herd der Vogelsbergschule Lauterbach ist Ellen eine Alphahexe. Alles schnibbelt und rührt auf Ihr Kommando. Auch der Gastgeber und Profikoch Bernd Vogel. Dass Wildkräuter Gerichte so verfeinern können, erstaunt auch den Profi: „Das ganze schmeckte nicht gesund, es schmeckt köstlich.“ Da reicht ein „Mmmmhhh!“ nicht aus. Allein die Spitz-wegerichsuppe, die nach Champignons schmeckte, hätte drei „Mmmmhhh!“ verdient.

 

„Der Strolch ist ein ganzer Kerl!“ Was sie noch ver-bindet? „Essen ist ein Genuss! Essen ist Kultur und sollte unbedingt in Gesellschaft und mit Freunden stattfinden.“ Wie ist man bei einer Kräuterhexe? „Die Kinder bestehen auf Sonntagsbraten. Ein Sonntag ohne Soße und Klöße ist nur schwer vorstellbar.“

Ein gutes Rumpsteak lässt sich Ellen ab und an schmecken. Ihr Gusto wechselt wie die Gemüts-stimmung. Die Rote Karte bekommen Innereien. „Leber geht gar nicht!“ Vor einem Mettbrötchen scheut sie nicht zurück. Somit wäre ein Vorurteil, bevor es noch entsteht, aus dem Weg geräumt, welches da lautet: Es kommen nur selbstgesuchte Lebensmittel auf den Tisch im „Hexenhaus“ Langstein.

 

Gerhard Otterbein

 

Marktkorb   Stroch-am-Herd-Schürze